
Die Geburt der Gegenstände

Die Hand, die Wasser schöpft ist das erste Gefäß. Die Finger der beiden Hände, die
sich ineinander verflechten, bilden den ersten Korb.

Die reiche Entwicklung aller Arten von Verflechtungen, von Schnurspielen bis zum Weben, scheint mir hier ihren Anfang zu haben. Man hat das Gefühl, dass die Hände ihr eigenes Verwandlungsleben führen.
Es ist nicht genug, dass dies oder jenes Gebilde in der Umwelt bereits vorhanden ist. Bevor der frühe Mensch es selber einmal zu formen versucht, müssen seine Hände und Finger es erst spielen. Geleerte Fruchtschalen wie Kokosnüsse mag es lange gegeben haben, sie wurden achtlos weggeworfen. Erst die Finger, die einen Hohlraum bilden zum Wasserschöpfen, machten die Schale wahr. Man könnte sich vorstellen, dass Gegenstände in unserem Sinne, Gegenstände, denen ein Wert zukommt, weil wir sie selber gemacht haben, erst als Zeichen der Hände bestanden. Es scheint einen ungeheuer wichtigen zentralen Punkt zu geben, wo die Entstehung der Zeichensprache für Dinge jene Lust, sie selber zu formen, mit enthielt, lange bevor man es wirklich versuchte. Was
man mit Hilfe der Hände spielte, wurde erst später, wenn es oft genug gespielt worden war, auch wirklich gemacht. Worte und Gegenstände wären demnach Ausfluß und Ergebnis eines einzigen einheitlichen Erlebnisses, eben der Darstellung durch die Hände.
Alles, was der Mensch ist und kann, alles, was in einem repräsentativen Sinne seine Kultur ausmacht, hat er sich durch Verwandlungen erst einverleibt. Hände und Gesicht
waren die eigentlichen Vehikel dieser Einverleibung. Ihre Bedeutung nahm – im Verhältnis zum übrigen Körper – immer mehr zu. Das Eigenleben der Hände, in diesem ursprünglichsten Sinne, hat sich im Gestikulieren noch am reinsten erhalten.

Elias Canetti (1960): Masse und Macht. Wesentliche Zusammenhänge zum Verständnis unserer Zeit. S. 146
Elisa Canetti sieht in dem formenden Spiel der Hände den Ursprung aller Gegenstände. Vorgefundene Gegenstände wie natürlich gewachsene Schalen, bespielsweise einer halbierten Kokosnuss betrachtet er als sekundär für die Produktion von Dingen.
Ich werde versuchen den Druck von Händen in den Chawan Schalen festzuhalten.